Schoemansda
Ganz liebe Grüße aus dem schönen und winterlich heißen Schoemansdal!
Hier bin ich gerade für ein paar Wochen zu Besuch in der Gemeinde meines Mitpraktikanten Christoph im Parish Barberton. Da wir im Oktober mit der Delegation schon einmal hier waren, kenne ich einige Leute schon, und Christophs drei Gastmütter haben auch mich sofort adoptiert. Das Einleben ist also überhaupt kein Problem, schwieriger wird der Abschied werden. Überhaupt rückt mir durch das ganze Reisen das baldige Ende meines Praktikums immer mehr ins Bewusstsein, was mit sehr gemischten Gefühlen verbunden ist.
Ich lerne hier noch einmal eine ganz andere Ecke des Igwa Circuits kennen, und in vielerlei Hinsicht ist es wie Urlaub: Mit meiner Arbeit nimmt es keiner so genau, ich soll meine begrenzte Zeit lieber dafür nutzen, den Ort besser kennen zu lernen. Hier im Lowveld ist das Klima auch im tiefsten Winter (Juni/Juli) noch so angenehm, dass man mit Sommerkleidung herumlaufen kann (ich bin ganz froh, nicht im hiesigen Sommer hergekommen zu sein). In den Gärten wächst jede erdenkliche Art von Obst und Gemüse, so dass ich mir zum Abendbrot eine Avocado und wenn ich aus dem Haus gehe eine Orange vom Baum pflücken kann! Falls jemand von Euch daran denkt, sich in Südafrika ein Ferienhaus anzuschaffen, empfehle ich Schoemansdal!
Man hat mir gesagt, diese Gegend sei in einigen Aspekten noch sehr traditionell. Das liegt wohl in erster Linie daran, dass die meisten Leute hier Swazis sind, die allgemein fester an ihrer afrikanischen Kultur festhalten als z.B. Zulus. In Swaziland (der Grenzort Jeppe‘s Reef ist nur etwa 10km entfernt) und auch hier sind aus diesem Grund zionistische und charismatische Kirchen sehr beliebt, welche den christlichen mit dem traditionellen afrikanischen Glauben verbinden. Wenn man morgens aus dem Haus geht, hört man die traditionellen Heiler trommeln und tanzen, die so mit ihren Ahnen in Verbindung treten. Auch in meiner Gastfamilie kann ich noch einiges über Vorstellungen und Bräuche lernen: Zum Beispiel erklärt sich meine Schwester Schmerzen in ihrem Bein damit, dass sie eines Morgens unbemerkt als erste über von einem Heiler auf der Strasse ausgekippten „Medizin“ gelaufen ist. Da hilft nur, selbst so jemanden aufzusuchen, der den Zauber rückgängig machen kann…
Was die Arbeit angeht, gibt es nicht allzu viel zu berichten. Ich war ursprünglich gekommen, um in der Home Based Care (HBC) zu arbeiten, die wir im Oktober schon besucht hatten. Diese wird ehrenamtlich von meiner Gastmutter geleitet. Da aber im Januar in der Kirche eine Creche (Kindergarten/Vorschule) Eröffnet wurde, in der sie mit einigen anderen Frauen unterrichtet, habe ich in den ersten Wochen dort geholfen. Seit die Ferien begonnen haben, konzentrieren wir uns auf die HBC. Das bedeutet einerseits, Patienten zu Hause zu besuchen, zu pflegen und beraten, und andererseits Handarbeiten zu erledigen, um die Arbeit zu finanzieren. Die Mitarbeiterinnen bekommen keinerlei finanzielle Unterstützung, nur Materialien werden von der Kirche bezogen.
Ich freue mich immer, wenn wir uns auf den Weg machen, wobei die Arbeit, wie schon in eMbalenhle, gleichzeitig interessant und sehr schockierend ist. Armut und Krankheit gehen in diesem Land Hand in Hand einher, und oft ist eine Heilung oder Besserung der Kranken aus dem Grund nicht möglich, dass sie sich keine ausgewogene Ernaehrung leisten können. Gerade haben meine Gastmutter und ich eine Patientin besucht, die HIV-positiv ist und Tuberkulose hat. Durch diese Krankheiten und die mangelnde Ernaehrung ist sie unglaublich abgemagert und schwach. Wie viele andere Kranke auch hat sie niemanden, der sie pflegt und muss jeden Tag gewaschen und gefüttert werden. Ich habe noch nie einen so dünnen Menschen gesehen. Für dieses Mädchen und viele andere Patienten sind Leute wie meine Gastmutter ein Segen, ohne den sie einsam dahinsiechen würden. Und selbst im Tod sind sie noch auf meine Gastmutter angewiesen, wenn die Familie kein Geld für die Beerdigung hat und es meiner Gastmutter überlässt, dieses irgendwo aufzutreiben.
Trotz der Armut, die hier noch größer sein soll als in anderen Gegenden, wirken durch die Vegetation sogar die heruntergekommensten Hütten nicht halb so trostlos wie manche in eMbalenhle oder eNtombe. Manche Gärten sind wunderschön zurecht gemacht und alles ist, im Kontrast zu den Orten, wo ich bisher war, bewachsen und grün. Zusammen mit den Hügeln macht das die Schönheit dieser Gegend aus. Da Christoph gerade die letzten Wochen seines Praktikums verbringt und die Zeit noch nutzt, um einige Orte und Leute zum letzten Mal besuchen, haben wir schon viel unternommen:
Beispielsweise gab es Abschiedsfeiern an seinen Arbeitsstellen mit traditionellen Swazi-Tänzen. Eine Bergwanderung, wo wir eine tolle Sicht über Schoemansdal hatten, und eine Fahrt zum nahegelegenen Kruegerpark. Da wir mit Afrikanern unterwegs waren, hat das Grillen zum Mittagessen wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen als das tatsächliche Fahren und Ausschauhalten nach Tieren im Park, und als nachmittags alle betrunken waren, gab es im Bus eine Party mit Tanz und lauter Musik, so dass alle Tiere schon meilenweit vorher gewarnt und abgeschreckt wurden…